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1. Die St. Nikolaus Kapelle (ehem. Schlosskapelle)

Die St. Nikolauskapelle (in verschiedenen mittelalterlichen Schriften auch als Schlosskapelle bezeichnet) am Fuße des er Burgberges und gegenüber dem "Pfalz" genannten Burgmannenhaus,  war bis 1925 kath. Pfarrkirche.

Die Anfänge der Nikolausapelle, am Fuße des Burgberges, liegen ebenso im Dunkeln wie die Anfänge der Burg selbst. In der "Taxa subsidiorum Cleri Trevirensis" - Trierisches Archiv VIII, die zurückreicht bis in die Zeit von Erzbischof Balduin von Lüzelburg (1307 - 1354) - wird eine "ecclesia de Steden et Derne" erwähnt. Und in "Kleinfeld - Die Mittelalterliche Kirchen-organisation in Oberhessen und Nassau" heißt es: Die Dehrner Kirche ist 1327 zuerst genannt. Somit ist sicher, dass Anfang des 14. Jahrhunderts in Dehrn eine "ecclesia" stand; es war die St. Nikolaus Kapelle.
D
ie urkundlich erwähnte Konsekration der St. Nikolauskapelle fiel in die Regierungszeit der Grafen und  Fürsten von Hadamar. Am 7. August des Jahres 1652 wurde sie von Bischof Otto von Trier erteilt. Es ist jedoch sicher, dass sie bereits vor 1350 errichtet wurde. Ein eingemauertes Weihwasserbecken trägt die Jahreszahl 1530. Schon im Jahre 1527 versah ein Mönch des in Limburg ansässigen Wilhelmitenordens im Auftrag der Frei von Dern den Gottesdienst in Dehrn. Vom früheren Geläute von drei Glocken blieb lediglich eine erhalten. Die Inschrift auf dieser Glocke, die heute mit vier weiteren Glocken das Geläut der Pfarrkirche bildet, lautet:


+ S. MARIA + S. NICOLAUS 
- JOHANNES HARTMANN FREI VON DERN - MARIA BARBARA FREIIN - 
JOHANNES TELEN PASTOR 
- PETRUS ALBACH - JACOBUS ETZ - MATHEUS SCHEFFER- 1654.

Was aber wurde am 7. August 1652 konsekriert? Die Kapelle existierte ja schon seit über 300 Jahren! Die Vermutung von Pfarrer Lorenz Müller und Pfarrer Theodor Störk, dass zunächst nur eine kleine Kapelle hier stand und man im 12/13 Jahrhundert nicht einen Hang abgetragen und hohe Stützmauern gebaut hat, um die Kapelle hier zu errichten, scheint schlüssig.
Die Freien von Dern besaßen das Dorf mit einer Hofreiten. Da diese "ecclesia" keine Pfarrkirche war und die Gläubigen nach Dietkirchen zur Messe gingen, hatte diese Kapelle vielleicht (?) nur 1/3 oder die Hälfte der heutigen Größe, so dass sie bequem auf die freie Fläche gegenüber der "Pfalz" passte.

Pfarrer Müller, wie auch später Pfarrer Störk, gingen davon aus, dass die heutige Apsis die gesamte damalige Kapelle bildete. Die letzte Renovierung und Restaurierung zwischen den Jahren 2000 - 2002 lehrt uns aber wieder etwas anderes. Unter dem heutigen gotischen 5-Seitigen Chor wurde ein kleiner halbrunder Chor gefunden. Der halbrunde Chor endet genau da, wo auch heute das Kirchenschiff beginnt! Die Vermutung, dass das Schiff an den gotischen Chor angebaut wurde, scheint also fraglich. Auch muss man bedenken, dass die Bevölkerungszahl durch die Wirren des 30-jährigen Krieges sehr stark dezimiert war und gerade zu diesem Zeitpunkt ein so großes Schiff gar nicht gebraucht wurde.

Wilhelm Burggraf schreibt in seiner Dorfchronik: "Welche verheerenden Wirkungen der lange Krieg und die Seuchen unter der Bevölkerung gezeitigt hatten, wird aus einer Niederschrift klar, wonach die Pfarrei  Dietkirchen mit ihren Filialen Dehrn, Lindenholzhausen und Rübsangen nach dem Dreißigjährigen Krieg nur noch 170 Kommunikanten, d. h. erwachsene Katholiken, zählte."
Das heißt aber auch, dass zu diesem Zeitpunkt nicht mehr Gläubige in lebten, als bereits zum Zeitpunkt der Erbauung der Kapelle. Jetzt für dieses Häuflein an Überlebenden ein so großes Kirchenschiff anzubauen war also absolut unnötig.

Ein Weihwasserbecken in der Kapelle zeigt die Jahreszahl 1530. Das Weihwasserbecken wurde gestiftet von den Freien von Dern. Warum werden sie wohl dieses Weihwasserbecken im Jahre 1530 gestiftet haben? Wozu wird ein Weihwasserbecken benötigt? Sicherlich nicht im Chor, sondern am Eingang der Kirche. Möglicherweise deutet dies darauf hin, dass 1530 das Kirchenschiff vergrößert wurde und zu diesem Anlass die Freien von Dern das Weihwasserbecken stifteten. Zu diesem Zeitpunkt (also vor dem 30-jährigen Krieg!) dürfte die Bevölkerung von Dehrn auch entsprechend stark angewachsen gewesen sein, dass ein solcher Anbau gerechtfertigt war. Allerdings wurden bei der letzten Renovierung zwischen 2000 und 2002 keinerlei Reste eines früheren, kleineren Kirchenschiffes gefunden. War das Kirchenschiff also doch von Anfang an so groß wie heute? Und hatte man dann doch schon im 12./13. Jahrhundert den Hang für das Kirchenschiff abgetragen und jene Stützmauer errichtet, die später einstürtzte? Bewiesen werden konnte tatsächlich, dass das Kirchenschiff romanisch ist und die Fenster später (vermutlich um 1651) auf ihr heutiges Aussehen vergrößert wurden.
Als Apsis diente der kleine ursprüngliche halbrunde romanische Chor des 12./13. Jahrhunderts, dessen Fundamente sich noch heute unter dem gotischen Chor befinden.

1648 endete mit dem Westfälischen Frieden der 30-jährige Krieg. Ob - und wenn ja inwiefern - die St. Nikolauskapelle in Mitleidenschaft gezogen wurde, ist nicht bekannt. Und nachdem auszuschließen ist, dass das größere Kirchenschiff nach dem 30-jährigen Krieg von (und für) nur noch einer Handvoll Überlebender erbaut wurde und an die romanische Apsis angebaut wurde, bleibt die Frage: Was also wurde verändert?

Nachdem sich die er Bevölkerung geweigert hatte zum Protestantismus überzutreten und sicherlich auch die Freien von Dern fest im Katholizismus verankert waren, bleibt nur eine Spekulation offen: Nach dem Ende des 30-jährigen Krieges wurde die halbrunde Apsis abgetragen und der 5-seitige gotische Chor an das Schiff angebaut - und für diesen neuen Altarraum war auch eine erneute Konsekration notwendig geworden.

Während in protestantischen Kirchen Bilder zerstört wurden, wurde die neue Apsis der St. Nikolauskapelle mit Fresken ausgeschmückt. Vielleicht als eine Demonstration gegen den Protestantismus in unserer Region. Bereits 2 Jahre nach der erfolgten Konsekration stifteten die Freien von Dern die noch  heute existierende Glocke. Sie ist 58 cm hoch, der untere Durchmesser beträgt 58 cm, der Obere beträgt 33 cm. Die Glocke wiegt 98 kg. 
(Siehe weiter oben) Woher die beiden anderen Glocken, die im Krieg eingeschmolzen wurden, stammen und das Geläut der St. Nikolauskpelle waren, ist nicht mehr bekannt.

Die heute im Turm der Kapelle hängende Glocke trägt folgende Inschrift:

Vorderseite:
Ein Bild der Immaculata, darunter »Ave Maria«,
Rückseite:
Ein Kruzifix, darunter »Im Kreuz ist Heil«

Eifeler Glockengießerei Mark Brockscheid.

Wie bereits vermerkt, wurde bei der letzten Renovierung unter dem heutigen 5-seitigen Chor ein kleinerer  halbrunder romanischer Chor gefunden. Das frühere Fußboden-Niveau lag fast einen Meter unter dem heutigen. Nachdem die neue Pfarrkirche fertiggestellt war, wurde die Kapelle ab 1930 als Kindergarten genutzt. Als ein neuer Kindergarten gebaut wurde, stand die Kapelle zunächst leer und verschiedene Vorschläge zur weiteren Nutzung wurden unterbreitet. Es bestand sogar der Plan, die Kapelle abzureisen (Abrissgenehmigung war sogar bereits erteilt) und das Grundstück in 2 Bauplätze umzuwandeln und zu verkaufen.
Dank des damaligen Gemeindepfarrers Theodor Störk, blieb die Kapelle aber vor diesem Schicksal bewahrt. Seinem Einsatz ist es zu verdanken, dass hier heute nicht 2 Einfamilienhäuser stehen! Die Kapelle wurde wieder hergerichtet. Bei der im Jahre 2004 anstehenden Renovierung wurden alte Bilder und Gemälde unter der letzten Putzschicht gefunden. Es wurden jedoch nur einige Stellen freigelegt. Eine großflächige Freilegung hätte den finanziellen Rahmen gesprengt. Außerdem hatte niemand geahnt, welche Kunstschätze sich noch unter dem Putz befinden. Der Fußboden wurde wieder mit authentischen Fliesen ausgestattet, von denen Reste auf dem früheren Fußbodenniveau  gefunden wurden. Die Arbeiten dauerten über zwei Jahre.

Im Übrigen wurden die bunten Kirchenfenster ausgebaut und irgendwo eingelagert, als die Nikolauskpelle zum Kindergarten umfunktioniert wurde. Und es ist eigentlich kaum zu glauben, aber heute weiß niemand mehr, wo die historischen Buntfenster der Kapelle abgeblieben sind!



Nikolauskapelle mit Eingangstor "zur Pfalz"


Die St. Nikolauskapelle zu Füßen des Schlosses


Nikolauskapelle als Kindergarten


Kindergruppe in der Kapelle


Chor der St. Nikolauskapelle heute


Weihe des neuen Altares (im Hintergrund der Altar aus dem Hubertusstift)


Maria mit Leichnam Jesu an der Südseite des Chores.
Interessant erscheint mir hier die Darstellung eines Strickes am Kreuz.
Neuere Forschungen gehen davon aus, dass die Arme Jesu zusätzlich mit Stricken am Querbalken
festgebunden gewesen sein müssten.


Südwand des Chores


Nordwand des Chores
und Zugang zur Sakristei und der Loge der Freien von Dern im Obergeschoss


Abbildung des Schweißtuches im mittleren, östlichen Kreuzgewölbe


Freigelegte Malerei unter dem heutigen Putz


rekonstruierte Deckenmalerei, hinterer Teil


freigelegte und rekonstruierte Deckenmalerei des 16. Jahrhunderts
Die exakt gleiche Malerei wurde zur gleichen Zeit auch in der St. Lubentius Basilika in Dietkirchen aufgetragen


Detail der mittelalterlichen Deckenmalerei - Mond

 
Detail der mittelalterlichen Deckenmalerei - Sonne  


Kruzifix an der Südwand des Schiffes


Orgel der St. Nikolauskapelle


St. Nikolaus
(vielleicht ein wenig arg goldig)


Maria mit Kind


Pieta


Maria außerhalb der St. Nikolauskapelle,
befand sich früher in einer Grotte des Hubertusstiftes.






Titelseite: 700 Jahre St. Nikoolaus Kapelle in

Pfarrer Theodor Störk hat hierzu ein kleines Buch geschrieben, welches ich hier in PDF-Form wiedergebe. Ich gehe davon aus, dass er sein Einverständnis dafür gegeben hätte!





















Darstellung von Kriegsgräueln nach Jacques Callot
Darstellung von Kriegsgräueln
nach
Jacques Callot























Im|ma|cu|la|ta die; - <lat.; »die Unbefleckte«, d. h. die unbefleckt Empfangene>: Beiname Marias in der katholischen Lehre


























































































































































































































































Ausschnitt der Decke in der St. Lubentius Basilika zu Dietkirchen