1. Ableitung von dem Wappen der Freien von Dern.
Das bekannteste der früher in Dehrn ansässig gewesenen altadligen Geschlechter war das der "Freien von Dern", das auf der Burg, dem jetzigen Schloss Dehrn, saß. Hierüber haben wir die ersten zuverlässigen Nachweise aus dem 12. Jahrhundert im Zusammenhang mit der Burg Dehrn als einer Landesburg der alten Grafschaft Diez. Dieses Geschlecht starb im Jahre 1737 in der männlichen Linie aus.
Das Wappen dieser Freien von Dern war, wie bereits an anderer Stelle beschrieben, ein geteilter Schild.
Das obere Drittel ist vergoldet, der untere Teil blau; darinnen befinden sich drei goldene Korngarben mit Ähren. Auf Grund dieses Wappens glaubte man den Namen Dehrn erklären zu können. Man deutete
Drei Ähren - Dehren - Dehrn.
Diese Namenserklärung finden wir in vielen Niederschriften über Dehrn. Sie wurde immer wieder übernommen, weil eine andere nicht bekannt war. Sehen wir uns einmal die ältesten Schreibweisen des Namens Dehrn an, wie sie uns aus Dokumenten überliefert sind.
Die heute noch erhaltenen Originalurkunden über die "Freien von Dern" befinden sich im Staatsarchiv zu Ludwigsburg in Württemberg. Hierin stoßen wir auf die Bezeichnungen Derne - Dyrne - Bern - Dehren - Dehrn.
Eine Ableitung von "Drei Ähren" erscheint schon auf den ersten Blick wenig wahrscheinlich. Diese Deutung ist aber nicht mehr haltbar, wenn man folgende geschichtlichen Tatsachen berücksichtigt.
Mit Heinrich Frey von Dern tritt das Geschlecht der Freien von Dern in den Jahren 1190 bis 1226 erstmals in das Licht der Geschichte. In der alten Vogtei Dietkirchen waren seine Vertreter Untervögte der Grafen von Nassau. In einem Streit hinsichtlich dieses Rechtes wurde im Jahre 1577 geltend gemacht, dass diese Freien von Dern das Gericht nunmehr schon über 350 Jahre innegehabt hätten. Diese Feststellung von einem Vertreter dieses Geschlechtes ist insofern von Bedeutung, als Heinrich danach tatsächlich der erste seines Geschlechtes gewesen sein dürfte.
Es begegnet uns schon in den Jahren 1083 und 1098 ein Friedrich von Dern, der beim Abschluss von Verträgen zwischen dem Stiftsprobst Rambert von Dietkirchen und den Brüdern Heinbold, Wolfard und Gerhard über die Verpachtung der Lahnfähre bei Dietkirchen mitwirkte. Bis heute konnte von keinem Forscher einwandfrei nachgewiesen werden, dass dieser Friedrich dem Geschlechte der Freien von Dern zugehörte, also ein Vorfahre von Heinrich war. Zweifellos dürfte er jedoch ein Rechtsvorgänger in der Untervogtei Dietkirchen gewesen sein. Auch die vorerwähnte Niederschrift von 1577 nimmt ihn als Vertreter des Geschlechts der Freien von Dern nicht in Anspruch, weil es sonst das Amt rund 500 Jahre innegehabt hätte.
Früher war allgemein angenommen worden, die Freien von Dern seien aus der Wetterau gekommen. Meine zahlreichen Nachforschungen führten jedoch zu einem ganz anderen Ergebnis. Nachkommen der ersten Freien von Dern hatten später in der Wetterau Fuß gefasst. Heute noch finden sich in verschiedenen Orten Nachkömmlinge dieser ehemaligen Freien, die den bürgerlichen Namen Dern tragen.
Es dürfte wohl so sein: Dehrn lag in der alten Grafschaft Diez, die wegen ihrer Fruchtbarkeit die „güldene“ oder goldene genannt wurde. Aus diesem Grunde hatten sich die Freien ein Wappen zugelegt, das unter einem oberen goldenen Feld drei goldene Garben Ähren im unteren blauen Feld als Zeichen der Fruchtbarkeit trug. Sie waren nämlich in Dehrn und Umgebung reich begütert.
Dieses Wappen, ohne das obere goldene Feld, haben die Abkömmlinge, die anderweitig Fuß fassten, in etwas veränderter Form übernommen. Da aber nach einer Darlegung im Hessischen Wappenbuch das Geschlecht der Freien von Dern aus dem Dorfe selbst hervorgegangen ist, kann der Name Dehrn nicht von dem jüngeren Wappen abgeleitet sein. Es spricht weiter dagegen, dass Wappen, d.h. ursprünglich auf Waffen, wie Schild und Helm, angebrachte Zeichen, erst seit dem 13. Jahrhundert als Hoheitszeichen von Gemeinschaften wie Städten, Familien usw. verwandet wurden.
Vielleicht ist die allgemein verbreitet gewesene Auffassung, dass der Name Dehrn von dem Wappen der Freien von Dehrn abgeleitet sei, auf folgende Tatsache zurückzuführen. Die Zivilgemeinde Dehrn hat bei der Schaffung eines eigenen Wappens auf dasjenige der Freien von Dern zurückgegriffen. Sie hat hier nur den unteren Teil des Wappens benutzt, nämlich den blauen Schild aber mit drei silbernen Garben. Um 1800 hat die Gemeinde Dehrn diesen Schild in ihrem Wappen geführt. Seit 1816 hatte sie nur noch ein Schriftsiegel. Diese Änderung erfolgte vermutlich auf Veranlassung der damaligen Regierung, weil auch die Nachbargemeinden von Dehrn statt ihres seitherigen Wappens seit diesem Jahre ebenfalls nur ein Schriftsiegel führten. Im Jahre 1940 hatte die Gemeinde wieder eine entsprechende Wappenverleihung beantragt.
Das Genehmigungsverfahren konnte aus kriegsbedingten Gründen nicht durchgeführt werden. Abschließend sei noch darauf hingewiesen, dass der heutige Ort Öhren, der schon 994 und 1008 in Urkunden gekannt ist, damals „Agerin" geheißen hat.